Berlin / Mauerzeit

BERLIN – Mauerzeit 1979-1989

In der Nachkriegszeit wuchs Evelyn Kuwertz in Berlin auf, erlebte die Trümmer, Wiederaufbau und Mauerzeit. Vielleicht unbewusst, ging es ihr seither um die Zeichenhaftigkeit, den Symbolwert konkreter Orte. Mit politisch und sozial wachem Blick beobachtet sie ihre Stadt.

INGEBORG RUTHE, Kunstkritikerin, Berliner Zeitung

1979 wird die Stadt WEST-BERLIN zu einem kontinuierlichen Thema: Ich entdeckte die U-und S-Bahn als typische Großstadtmotive. Dort drückte sich das Lebensgefühl der Berliner aus und die besondere politische Situation der Stadt. Mit den Umsteigebahnhöfen Hallesches Tor, Kottbusser Tor und Gleisdreieck stellte ich urbanes Leben der 80er Jahre dar. Anders war es in den S-Bahnhöfen Schöneberg und Friedrichstraße. Dort werden die Menschen immer mehr zu unpersönlichen Schemen, bis sie aus dem Fokus fast verschwinden. Die Teilung der Stadt war an diesen Orten besonders spürbar.

Bahnhof Gleisdreieck 1979 | 100 / 150cm, Acryl, Öl / Leinwand
Bahnhof Friedrichstrasse 1980 | 80 / 120cm, Acryl / Papier Bütten
Selbst U-Bahnhof Kottbusser Tor 1982 | 100 / 200cm, Kreiden, Aquarell / Leinwand
U-Bahnhof Kottbusser Tor 1983 | 140 / 70cm, Acryl, Öl / Leinwand
S-Bahnfahrt 1983 | 90 / 130cm, Tempera, Öl / Leinwand
Atombunker Berlin 1983 | 100 / 70cm, Acryl, Öl / Leinwand
Atombunker - Kudammkarree Berlin 1984, 100 / 140cm, Tempera, Öl / Leinwand
Atombunker Berlin 1984 | 100 / 134cm, Tempera, Öl / Leinwand
Hallesches Tor Berlin 1983 | 80 / 120cm, Aquarell / Bütten
Hallesches Tor Berlin 1983 | 80 / 100cm, Aquarell, Tempera / Bütten
Bahnhof Wien 1986 | 100 / 200cm, Aquarell, Gouache / Papier
Die intensive Ausstrahlung der Bilder entfaltet ungeniert seine Wirkung. Sie machen schnell bewußt, wie bedeutungsvoll Bahnhöfe sind, die -prima vista- nur Verkehrszwecken dienlichen Lokalitäten enthalten viel Hintergründiges.
Der „S-Bahnhof Friedrichstraße“ (westlicher Teil), 1987 gemalt, zeigt die Ergebnisse der kritischen Erkundungen in sprödem Kolorit: die weite festverstrebte Halle, stabiles Relikt aus Zeiten flutenden Verkehrs, döst vor sich hin, müde Rentner, resignierte Rückenfiguren und der schußbereite Wachposten auf dem hohem Geländer wirken wie die Darsteller einer absurden Inszenierung - ein malerischer Treffer ins Zentrum der Zeitgeschichte.

Renate Franke, Kunstkritikerin, Tagesspiegel, Berlin
Auch das ist Berlin: kühl und genau beobachtet, exakt komponiert, verwandt der melancholischen Szenerie Manhattens von Edward Hopper. Die Aussagekraft von Evelyn Kuwertz verzichtet ebenso wie der Amerikaner auf plakative Tendenz. Ihre Bilder sprechen für sich - eindringlich, doch unaufdringlich in einer diskreten Sprache, die dennoch nichts verschweigt, vor allem nicht das tragische einer geteilten Stadt: z.B. Endstation Friedrichstrasse.

Berliner Morgenpost, 13.11.2008
Der Mitte der 80er Jahre entstehen die Arbeiten Atombunker Kudamm Karree, als eine Reaktion auf die Planung der Stationierung Cruise Missels in Deutschland. Die Kohlezeichnungen „OHNE TITEL“ greifen die Ängste der Menschen und die Ereignisse in der Stadt auf.